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Lernen von Sybille

Ich beschloss, sie Sybille zu nennen. Sie hatte mich an einem dieser sommerheißen Tage in ihren Bann gezogen. Das lag nicht so sehr an ihrer Wespentaille, sondern an ihrem bemerkenswerten Tun, das - obgleich es ja ein ziemlich alltäglicher Vorgang war - mir wieder einmal bestätigte, dass es offenbar in der Natur der Lebewesen dieser Welt liegt, sich allzu großes vorzunehmen.
Sybille (sie ließ es übrigens durch ihr Verhalten zu, dass ich sie in aller Ruhe mustern konnte) hatte sich eben ein allzu großes Stück Fisch vom Teller geholt. Es war ein Stück, das ebenso lang und doppelt so hoch wie Sybille war. Also ein recht ehrgezeiges Unterfangen für die kleine Wespe, die nun versuchte, mit diesem Fischfang davon zu fliegen.
Sie hatte den Fischwürfel zwar fest gepackt, doch war er sichtlich zu schwer, und so hob sie zwar kurz vom Tellerrand ab, es erging ihr aber wie einstens den Flugzeugpionieren: Kaum ins freie Schweben gekommen, sackte sie wieder zu Boden, und so hoppelte sie drei oder vier Mal vor meiner Nase mit ihrem Diebsgut auf dem Teller herum (und konnte sich glücklich schätzen, dass sie es vor den Augen eines friedfertigen Beobachters tat).
Es kam wie es kommen musste: Sybilles Unterfangen war zum Scheitern verurteilt. Unverrichteter Dinge schwirrte sie schließlich ab und ließ mich mit Fisch, Teller und dem Gedanken allein, wie wir immer wieder belehrt werden, dass unsere allzu groß geschneiderten Vorhaben sehr oft den Keim des Scheiterns in sich tragen.