Leben
Reden wir an dieser Stelle ein wenig über das Leben, über unsere Gesellschaft und Zukunft, über drei grundsätzliche Fragen, die wir uns stellen müssen: Ist alles tatsächlich so wie es auf den ersten Blick scheint? Was könnte sich aus dem, was heute bereits rund um uns erkennbar ist, entwickeln, in unserem Leben bevorstehen? Wie kann ich, soll ich mein Leben gestalten? Hier finden sich Denkanstöße, keine Lehrmeinungen, keine Feststellungen aus Expertenwissen heraus, sondern ganz einfach Beiträge, die zum Nach- und Weiterdenken anregen sollen.
12.10.2022
Gerhard Friedrich: Heinrich Glücksmann - Brückenbauer in neue Zeiten
Mit dieser Biografie liegt die erste umfassende Forschungsarbeit über eine der interessantesten und wichtigsten, aber schließlich doch in der Öffentlichkeit in Vergessenheit geratenen Persönlichkeiten der Wiener Kultur- und Gesellschaftsszene in der Zeit vom letzten Vierteljahrhundert der österreichisch-ungarischen Monarchie bis zum Ende der Ersten Republik vor.
Heinrich Glücksmann (1863 – 1943), geehrt mit Titeln wie Professor oder Bürger von Wien, war von 1910 bis 1935 Dramaturg des Deutschen Volkstheaters, Schriftsteller, Journalist, Feuilletonist, beliebter und überaus geschätzter Vortragender. Er war lange Jahre Funktionär in Theater- und Schriftsteller-Organisationen, unter anderem im PEN-Club und in der Concordia, als publizistischer Streiter für Humanität und Frieden enger Mitarbeiter der Nobelpreisträgerin Bertha von Suttner in ihrer Friedensgesellschaft und führender Publizist des bis 1918 in Österreich verboten gewesenen Bundes der Freimaurer sowie aktives Mitglied in jüdischen Vereinigungen.
Geboren 1863 in Mähren, machte er bereits in den 1880er-Jahren in Ungarn und danach bald auch in Wien durch seine Arbeit als Autor, Übersetzer, Lyriker und Vortragender auf sich aufmerksam. Seit den 1890er-Jahren als Lektor und dann ein Vierteljahrhundert als Dramaturg am Deutschen Volkstheater trug er wesentlich zum nachhaltigen Erfolg zahlreicher Dramatiker und deren Stücken bei – unter anderem von Arthur Schnitzler, Karl Schönherr, Franz Molnár und Anton Wildgans. Nach Repressionen durch die Nationalsozialisten verließ Heinrich Glücksmann mit seiner Frau Helene erst 1941 Wien und starb zwei Jahre später im argentinischen Exil.
Durch seine vielfältige Tätigkeit war er bis 1938 eine anerkannte Größe in Kultur und Gesellschaft, der es verstand, sein Theaterwissen, seine humanitären Prinzipien und seine pazifistische Einstellung in eine breitere Öffentlichkeit zu tragen – in der Abenddämmerung der Monarchie ebenso wie in der jungen österreichischen Republik. Dank seines ihm attestierten einnehmenden Wesens und seiner Treue zu Freunden war Heinrich Glücksmann ein begnadeter Netzwerker. Er war nicht nur hilfreicher Begleiter von Autoren, sondern auch langjähriger Freund von Kulturgrößen wie Josef Kainz, Josef Lewinsky, Victor Kutschera oder Adolf Weisse, Hugo Thimig und Stefan Zweig. Als Publizist und Redner war es ihm immer wieder auch ein besonderes Anliegen, einst bedeutende Autoren – wie den früh verstorbenen Jakob Julius David – oder Künstler und Künstlerinnen – etwa die um die Jahrhundertwende gefeierte Helene Odilon – nicht in Vergessenheit geraten zu lassen.
Glücksmann selbst aber – in einer Festschrift des Volkstheaters noch 1949 als „Pionier der neuen Richtung“ bezeichnet – geriet nach dem Zweiten Weltkrieg in Vergessenheit. Vielleicht weil er sich zwar viel in der Öffentlichkeit bemerkbar gemacht, sein erfolgreiches Wirken jedoch meist aus der zweiten Reihe entfaltet hatte. Mit diesem Buch wird versucht, der Bedeutung dieser wichtigen Kulturpersönlichkeit, die fünf Jahrzehnte lang im Licht der Öffentlichkeit gestanden war, gerecht zu werden. Für diese erste und umfassende Darstellung von Leben und Wirken Heinrich Glücksmanns war die Zusammenarbeit mit zahlreichen Institutionen, Archiven und Bibliotheken im In- und Ausland notwendig, denn die Spuren, die er hinterlassen hat, sind vielfältig, weit verstreut und haben umfangreiche Forschungsarbeit und Recherchen erfordert.
Das Buch gibt anhand des Lebens von Heinrich Glücksmann zugleich Einblicke in die Theatergeschichte und die Entwicklungen in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft von den 1880er-Jahren bis zum Zweiten Weltkrieg.
Der Autor: Dr. Gerhard Friedrich. Publizistikhistoriker, Autor von Biografien und Sachbüchern, Journalist und Chefredakteur in in- und ausländischen Medien.
Die Biografie ist im Korrekturverlag (korrekturverlag.com) in der Edition PEN-Club Austria im Oktober 2022 erschienen. Umfang: 176 Seiten, reich illustriert. ISBN: 978-3-9505129-7-7
gerfri - 09:14 @